Dienstag, 24. März 2020
Zwischenstand 23.03.20 Regional- und Städtevergleich
Die Zahlen sind überhaupt nicht so, wie sie von manchen erhofft bzw. erwartet wurden.

Berlin liegt etwas unter dem deutschen Durchschnitt (Fälle pro 100.000 Einwohner), massiv auch unter den Zahlen für Bayern insgesamt, von München und Stuttgart nicht zu sprechen. Berlin ist, was die Anzahl von Beatmungsbetten und die Vorbereitung auf ein großes Erkrankungsaufkommen (Corona-Seuchenklinik für 1000 Erkrankte in den Messehallen bereits startklar) ist dort weiter gediehen als anderswo in Deutschland. Trotzdem wird die Epidemie in einigen Wochen voraussichtlich auch Berlin vielfach überfordern.

Stand 23.03.20:
------------------- Fälle je 100.000 Einwohner ----------

Deutschland insgesamt: 39
Berlin: 33 (Hinweis: recht hohes Testaufkommen)
Bayern: 44
NRW: 35
München: 89
München Landkreis: 80
Hamburg: 57
Stuttgart: 70
Hannover: 32
Dortmund: 30
Frankfurt: 22 (Hinweis: ungenügendes Testaufkommen)
Bremen: 29
Leipzig: 28
Bodenseekreis: 46
Augsburg: 35 (nur Stadt: 20)
Potsdam: 29
Ostallgäu: 29
Rostock: 14 (Hinweis: sehr hohes Testaufkommen)
Ingolstadt: 9 (Hinweis: ungenügendes Testaufkommen, recht unfähige Behörden)
Landkreis Miesbach: wird aus Höflichkeit von mir verschwiegen

Die Zahlen sind vielleicht etwas überraschend.

Dabei hat doch ein großer Seuchenhistoriker, der große Zamp, äh, Don Alphonso ganz andere Dinge angekündigt, und ständig die NPIs der Stadt Berlin aus seiner, sagen wir, fachkundigen Perspektive kritisiert. Und dies schon seit über einem Monat bzw. kurz nachdem er sich klugerweise gegen eine "Flucht" in die Lombardei entschieden hat.

Wie kann das sein??

Meine Einstellung dazu:
* das ist nur eine Momentaufnahme
* die Hauptrolle hier spielen schiere Zufälle, Berlin z.B. litt beispielsweise unter seiner feier- und amüsierfreudigen Bevölkerung und reagierte aber auch recht schnell mit Clubschließungen
* ein anderer, sagen wir Zufall, besteht schlicht darin, dass Gebiete mit einer reicheren Bevölkerung zugleich auch eine mobilere Bevökerung haben. Wohlstand verschafft Beweglichkeit - Stichwort Skiurlaub. Auf diese Weise kam es z.B. im Landkreis Miesbach zu zahlreichen, und sogar gleichmäßig verteilten Einschleppungen des Virus, und die vergleichsweise deutlich ärmere Bevölkerung in Berlin macht einfach pro Kopf deutlich weniger Urlaubsreisen, weil man sich dieses dort nicht so leicht leisten kann
* die Seuche überfordert uns alle und wir alle machen Fehler in unseren Einschätzungen - einige meiner Fehler habe ich aufgeschrieben
* wer jetzt mit Schuldzuweisungen agiert, beispielsweise in der Form von "failed state Berlin" ist einfach nur ein blödes, ressentimentgeladenes und insgesamt unterinformiertes Arschloch - sorry, aber genau so ist das
* Bayern wird aufgrund des Schocks über die Epidemie im eigenen Land sowie der harten Maßnahmen (Ausgangssperre) in den kommenden Wochen etwas besser performen als andere Bundesländer - zugleich leidet dieses Bundesland an der relativen Nähe zu Italien und den quasi als Superspreader-Zentren agierenden Ski-Orten. Es ist darum auch denkbar, dass in Bayern ein heftigerer "community spread" stattfindet und daher in den nächsten Wochen sogar härter getroffen wird - die hohe Anzahl von Todesfällen und deren dezentrale Verteilung deutet leider in diese Richtung.

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Gut möglich, dass das unselige Spiel in der Allianz-Arena mit 70000 Zuschauern am 8. März die Zahlen in München hochgetrieben hat.

Aber es waren im Februar auch viele Skifahren in Südtirol und Tirol. Was da zum Schluss in Ischgl passiert ist, war kriminell. Und dass der FC Bayern auf dem Spiel bestanden hat, nicht minder.

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Berlin vs Bayern
Als gelegentlich etwas hämischer Mensch, ist mir heute dieser etwas giftige Kommentar passiert:

Ein berühmter Seuchenhistoriker von internationalen Vormat* riet den Berlinern, und dies wochenlang, doch bitte umgehend aus Berlin zu fliehen und im Idealfall nach Bayern.

Well, that escalated badly.

Gemäß Risklayer-Daten sehen wir hier die aktuellen Fallzahlen, gefolgt von der Infektionsdichte (Infektionen auf je 100.000 Einwohner) und zum Schluss die Todesfälle.

Bayern 15.009 114,80 141
Nordrhein-Westfalen 14.604 81,40 126
Baden-Württemberg 13.091 118,30 156
Niedersachsen 4.108 51,50 31
Hessen 3.112 49,70 12
Berlin 2.464 67,60 11

Es sieht fast so aus, als ob sich das Virus um die geschriebenen Kunststückchen des Seuchenhistorikers von Weltruf (wir hoffen für seine belanglose Seminararbeit an dieser Stelle auf internationale Resonanz) nur wenig schert.

Oh, und was die Lombardei betrifft: Hätte die sich an die Empfehlungen der WHO gehalten (Testen, Tracen, Isolieren etc. pp.), wären dort einige tausend Menschen weniger tot.

Vielleicht ist es doch eine gute Idee, die kompetenten Empfehlungen der WHO zu beachten...

Naja, wir lernen alle dazu. Manche brauchen nur ein paar Momente länger dafür. Das ist eigentlich der ganze Unterschied. Ehrlich. Im Übrigen liegt Don in einigen anderen, und allemal wichtigen Dingen bei diesem Virus bzw. dessen Epidemie durchaus richtig. Just to keep things in perspektive.

* abgeleitet von: to vomit

Naja, und am Ende kommt es darauf an, dass wir alle gut durch die Epidemie kommen und weniger darauf, wer wo recht gehabt hat.

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Eigenschutzwirkung vs Fremdschutzwirkung
@kief

Über die Selbstschutzwirkung von Masken bei Laien bestehen unter Experten nach wie vor sehr unterschiedliche, überwiegend aber skeptische Einschätzungen.

Das hat vor allem mit zwei Dingen zu tun:

1) Die Eigenschutzwirkung von Masken funktioniert nur im Rahmen eines umfassenden Schutzkonzeptes vernünftig. Ohne Schutzbrille, Handschuhe, Kopfbedeckung, Schutzkleidung ist die Wirkung eher mäßig, zumal bei den allseits beliebten Baumwollzeugs, das jetzt viele Menschen zusammenschneidern.

2) Gute Masken gehören nun einmal eher an die medizinische Front, also zu Ärzten und Schwestern. Wenn sich dort das Angebot weiter verknappt, weil in der Bevölkerung ein Run auf Masken stattfindet, dann wäre insgesamt wenig gewonnen.

Ganz im Gegenteil sogar, weil dann lauter Leute, die nicht einmal imstande sind, sich eine Maske vernünftig anzupassen und mit diesen vernünftig umzugehen, diese Masken aufbrauchen würden.

Meine Position dazu:
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Ich habe von Anfang an die Position vertreten, dass sogar vom Standpunkt des Eigenschutzes und sogar eine lächerliche Baumwollmaske einen gewissen protektiven Schutz bieten. Sie dämpfen das Übertragungsgeschehen objektiv etwas ab. Dazu kommt dann ja die immens wichtige Fremdschutzwirkung.

Wenn die Masken einen Protektor haben (einen Prallschutz gegen Tröpfchen), da langt sogar angetackerte Folie, zusammen mit einer Brille oder einem Augenschutz getragen werden, und vernünftig mehrlagig aufgebaut sind, dann lässt sich sogar ein Eigenschutz in Höhe von 70 bis 80 Prozent erzielen.

Das heißt: 70 bis 80 Prozent der Zufallsübertragungen in öff. Verkehrsmittel oder beim Einkaufen könnten damit reduziert werden. Das ist in meinen Augen sehr deutlich weniger als Nichts, aber selbstverständlich kein Ersatz für soziale Distanzierung bzw. die von mir ebenfalls schon lange progagierte "2-Meter-Regel", über die sich die meisten hier in dem Blog lange lustig gemacht haben.

@gux

+1

@buerger

Sie liegen leider falsch. Die Masken fangen ja nich t"alles" auf. Leider nicht. Zwar spielen die größeren Tröpfchen im edipemiologischen Geschehen die größere Rolle, eindeutig sogar, aber auch die feineren Aerosol-ähnlichen Tröpfchen spielen eine gewisse Rolle.

So, und dann atmen Sie doch einfach mal Zigarettenrauch durch eine Maske, damit Sie da einen ungefähren Eindruck bekommen! Eine Maske mit vernünftiger Atemgängigkeit lässt viel von den feineren Tröpfchen durch.

Unter Druck (also Hustenstoß) kommen auch erhebliche Mengen mittelgroßer Tröpfchen durch eine Maske, und dann sind Sie als unmittelbar daneben stehender Mensch ohne Augenschutz geliefert bzw. haben dann pro Minute Expositionszeit eine zirka 0,5 bis 1-prozentige "Chance", infiziert zu werden.

Nun etwas klarer für Sie?

Ohne weitere Schutzmaßnahmen sind Masken als Selbstschutz relativ wirkungslos, wenn Sie im Gegenzug viel Expositionszeit ansammeln. Leider.

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